(Kommunale) Wohnungswirtschaft und Kommunen als natürliche Partner auf dem Weg Richtung Klimaneutralität

Deutschlandweit bieten rund 740 kommunale und öffentliche Wohnungsunternehmen in über 2,5 Mio. Wohnungen mehr als 5 Mio. Menschen ein sicheres und bezahlbares Zuhause. Die kommunalen Wohnungsunternehmen sind als Einrichtungen der Kommunen eine wichtige Säule zur Erfüllung der sozialen öffentlichen Daseinsvorsorge und hierbei zentraler Akteur der Stadtentwicklung und bei der Schaffung neuen Wohnraums. Bei der Gestaltung der Wärmewende ist die (kommunale) Wohnungswirtschaft jedoch noch längst nicht überall durch die Kommunen als Partner erkannt. Das muss sich ändern, denn gemeinsam können große Synergieeffekte freigesetzt werden.

I. Wohnungswirtschaft als Schlüsselakteur für den Klimaschutz

Spätestens mit der Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes im Jahr 2019 ist klar, dass der (kommunalen) Wohnungswirtschaft in den kommenden Jahrzehnten eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Klimaziele – sowohl national als auch regional – zukommen wird. Bis zum Jahr 2030 sieht der Gesetzgeber eine Reduktion der Emissionen im Gebäudebereich von 68% gegenüber 1990 vor; nur von der Energiewirtschaft werden noch höhere Einsparungen erwartet.

Auf diesem ambitionierten Pfad hat die Wohnungswirtschaft bereits einen weiten Weg zurückgelegt. Wie Daten des Umweltbundesamtes belegen, konnte bis Ende 2022 kein Sektor seine Emissionen gegenüber 1990 stärker reduzieren als der Gebäudesektor.

Diese großen Fortschritte und eine Reduktion des Ausstoßes an CO2-Äquivalent um etwa 100 Mio. Tonnen stehen in direktem Zusammenhang mit großen Modernisierungsanstrengungen der Wohnungswirtschaft. Etwa 5 Mio. der rund 12 Mio. Wohngebäude in Deutschland mit Baujahr vor 1980 finden sich in Beständen der Wohnungswirtschaft, also von Wohnungsgenossenschaften, kommunalen und öffentlichen sowie kirchlichen und weiteren gemeinnützig orientierten Wohnungsunternehmen. Von diesen 5 Mio. Wohngebäuden wurden seit 1990 über 4,2 Mio. umfassend energetisch saniert bzw. mit neuen Heizsystemen ausgestattet, wodurch die Klimabilanz der Gebäude deutlich verbessert werden konnte.

Allein in den letzten zehn Jahren wurden durch die deutsche Wohnungswirtschaft etwa 40 Mrd. Euro in die (energetische) Modernisierung von Wohngebäuden investiert.

Dank dieser Anstrengungen sind Verbrennungs- und Heizprozesse heute in Wohngebäuden und -anlagen in Deutschland noch für den Ausstoß von etwa 85 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent verantwortlich. Nicht erfasst sind in dieser Sektorbilanz allerdings Verbrennungsprozesse, die außerhalb der Wohnanlagen stattfinden – beispielsweise in Kraftwerken, die Fernwärme für Wohnungsbestände bereitstellen. Bezieht man auch diese Prozesse sowie weitere Bedarfe der privaten Haushalte wie Beleuchtung, Haushaltsvorgänge wie Kochen und Waschen und den Betrieb von Elektrogeräten mit ein, so entstanden im Jahr 2022 insgesamt etwa 200 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent. Etwa 73% dieser Emissionsmenge, 146 Mio. Tonnen, entfielen auf die Raumwärme.

II. Zur Bewältigung der Wärmewende braucht es neue Partnerschaften

Diese Daten zeigen: Die Wohnungswirtschaft weiß, worauf es beim Klimaschutz im Gebäudebereich ankommt, und stellt sich bereits seit Langem ihrer Verantwortung. Dabei gelang den Unternehmen in den vergangenen Jahren darüber hinaus eine beeindruckende Leistung im Zieldreieck „niedrige Mieten“ – „Wohnungsneubau“ – „Klimaschutz“. Denn trotz enormer Modernisierungsausgaben betrug die bundesweite Durchschnittsmiete bei kommunalen Wohnungsunternehmen im Dezember 2022 gerade einmal 6,44 €/m2 (nettokalt) – selbst in Bayern vermieten kommunale Wohnungsunternehmen für nur 6,95 €/m2. Darüber hinaus stellen diese Unternehmen Jahr für Jahr rund 25.000 neue bezahlbare Wohnungen fertig.

Dieser Balanceakt kann jedoch in der aktuellen Situation nicht mehr gelingen. Zum einen lassen enorme Baukostensteigerungen und hohe bürokratische Anforderungen die Kosten für den Wohnungsbau explodieren. Zum anderen kann bei der Erreichung der Klimaziele nicht länger nur auf die Gebäudemodernisierung gesetzt werden – denn hier sind die derzeit wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen bereits durchgeführt worden. Nach Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen, der ARGE e.V. Kiel, bewegen sich die Kosten für die Einsparung jeder zukünftigen Tonne CO2-äquivalenter Emission durch eine verbesserte Gebäudeeffizienz je nach Ausgangslage zwischen 950 und 2.750 Euro. Zum Vergleich: In der Industrie werden die Kosten zur Vermeidung jeder weiteren Tonne an Emissionen auf zwischen 35 und 157 Euro geschätzt.

Für die nächsten Schritte in Richtung Klimaneutralität müssen daher neue Wege gefunden werden. Das Wichtigste ist die Kooperation mit den örtlichen Kommunen und lokalen Energieversorgern für die Gestaltung einer dezentralen und lokalen Wärmewende.

Eine solche Kooperation wird dabei nicht nur von der (kommunalen) Wohnungswirtschaft angestrebt, sondern liegt auch im ausdrücklichen Interesse der Kommunen. Die vorgestellten Zahlen zu durchschnittlichen Mieten der kommunalen Wohnungsunternehmen zeigen – es geht um die Erhaltung günstigen Wohnraums für Millionen von Menschen überall in Deutschland.

Zudem schafft eine enge Kooperation mit der Wohnungswirtschaft neue Handlungsräume für die Kommunen und entlastet sie.

III. Kommunen und Wohnungsunternehmen müssen gemeinsam handeln

Künftig werden den Kommunen überall in Deutschland verstärkt Pflichten mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele übertragen werden. Als eines der jüngsten Beispiele kann das Wärmeplanungsgesetz (WPG) gelten. Dieses verpflichtet die Länder sicherzustellen, dass je nach Gemeindegröße ab 01.07.2026 bzw. 01.07.2028 „auf ihrem Hoheitsgebiet“ Wärmepläne erstellt werden. Die Länder werden diese Verpflichtung auf die Kommunen übertragen, die sich damit in kurzer Frist mit einem enormen Erfüllungsaufwand konfrontiert sehen. Das Wärmeplanungsgesetz enthält darüber hinaus in § 7 (3) die Aufforderung, zentrale Stakeholder, genannt wird explizit auch die Wohnungswirtschaft, in den Prozess der Wärmeplanung einzubeziehen.

Darüber hinaus könnte auch das Klimaschutzgesetz Kommunen künftig stärker als Akteure in den Blick nehmen. Seit dem 01.01.2023 gilt beispielsweise in Bayern das Bayerische Klimaschutzgesetz (BayKlimaG) . Dort heißt es in Art. 3 „Vorbildfunktion des Staats“, dass der Freistaat bis 2028 verpflichtet ist, die Verwaltung klimaneutral umzubauen. Im selben Artikel heißt es weiter „Den kommunalen Gebietskörperschaften wird empfohlen, [ebenso] zu verfahren“. Ganz konkret schreibt das BayKlimaG darüber hinaus fest, dass Bayern bis 2040 klimaneutral sein soll. „Jeder soll nach seinen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Minderungsziele beitragen“, heißt es weiterhin.

Kommunen rücken also stärker in den gesetzgeberischen Fokus, wenn es um die Erfüllung von klimarelevanten Vorgaben geht. Ein koordiniertes Vorgehen zwischen Kommunen, lokalen Energieversorgern und Wohnungsunternehmen wird künftig immer weniger Kür und immer stärker eine Verpflichtung darstellen, damit die ambitionierten Klimaziele angesichts begrenzter Mittel erreicht werden können.

Grafik: Wahrnehmung der Wohnungswirtschaft als Partner bei der Erreichung der lokalen Klimaziele/zur Umsetzung der kommunalen Klimastrategie durch die Kommune (Quelle: Verbandsstatistik VdW Bayern)

IV. Die Wohnungswirtschaft steht als Partner für Kommunen bereit

In einer im Sommer 2023 vom Deutschen Städtetag durchgeführten Umfrage zu Hürden bei der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung gaben 70% der befragten Städte an, den zusätzlichen Personalbedarf als große Herausforderung bei der Umsetzung der Vorgaben aus dem Wärmeplanungsgesetz zu sehen. 33% sahen auch mangelnde Daten als großes Problem an.

Die Wohnungswirtschaft befasst sich bereits seit Jahrzehnten mit der Planung und Durchführung von klimarelevanten Maßnahmen im Gebäudebereich, verfügt über einen hochprofessionellen Mitarbeiterstab und hat genaue Einblicke in die Energiebedarfe und -verbräuche ihrer Bestände. Eine engere Abstimmung mit der Wohnungswirtschaft kann daher dazu beitragen, zusätzliches Know-How und weitere Daten für kommende kommunale Planungsschritte zu generieren.
Natürlich stehen die kommunalen Wohnungsunternehmen und „ihre“ Kommunen überall in Deutschland bereits in sehr engem Kontakt.

Kommunale Vertreter und lokale Energieversorger sollten aber auch an ihre lokalen Wohnungsgenossenschaften denken. Etwa 2,1 Mio. Wohnungen in Deutschland werden durch Wohnungsgenossenschaften bezahlbar und mit Sinn für ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit vermietet. Die Genossenschaften stehen den Kommunen ebenso wie die kommunalen Wohnungsunternehmen als langfristige Partner zur Verfügung.

Oftmals stehen Kommunen trotz vieler Vorteile und deutlicher Synergieeffekte in der Kooperation mit der Wohnungswirtschaft bei der gemeinsamen Gestaltung der Wärmewende noch am Anfang. Nur in sehr wenigen Fällen gehen Kommunen aktiv auf Wohnungsunternehmen zu und suchen die Abstimmung.

Dieser Befund zeigt sich auch an den Ergebnissen einer Umfrage des VdW Bayern im Dezember 2023. Aus den Antworten von 140 bayerischen Wohnungsunternehmen geht hervor, dass vielerorts Wohnungsgenossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen durch die Kommunen noch nicht in die Prozesse der Wärmewende eingebunden wurden.

Häufig überlassen Kommunen jedoch das Feld ausschließlich den lokalen Energieversorgern, die im Austausch mit Wohnungsunternehmen die Wärmewende vorantreiben sollen. Ob die lokalen Energieversorger gemeinsam mit den Wohnungsunternehmen tätig werden hängt jedoch stark von den lokalen Gegebenheiten und der Geschäftsausrichtung der Versorger ab.

Die wohnungswirtschaftlichen Verbände können nur dafür werben: Kommunen sollten die Wohnungswirtschaft als Partner in der Gestaltung der Wärmewende erkennen und schnellstmöglich den Austausch suchen. Städte und Gemeinden, die diesen Weg gehen, sichern sich nicht nur einen Vorsprung auf dem Weg Richtung Klimaneutralität, sondern erhalten gemeinsam mit lokalen Genossenschaften und kommunalen Wohnungsunternehmen langfristig bezahlbaren und klimafreundlichen Wohnraum.

V. Fazit

Kommunen und Wohnungsunternehmen in Deutschland müssen mit Blick auf die Wärmewende innerhalb der kommenden Jahre zum Sprint ansetzen. Die nationalen und internationalen Klimaziele sind ehrgeizig, die gesetzlichen Anforderungen und Vorgaben nehmen stark zu.

Den Kommunen ist – etwa bei der Wärmeplanung – durch den Gesetzgeber eine Handlungspflicht auferlegt, die mit beschränkten personellen und finanziellen Ressourcen erfüllt werden muss. Ein Weg, die Herausforderung Wärmewende zu meistern, liegt in der Nutzung von Synergien und Partnerschaften. Wohnungsunternehmen arbeiten derzeit überall in Deutschland an ihren Klimastrategien, planen Modernisierungen und wählen zukünftige Heizenergieträger aus.

Die Wohnungswirtschaft verfügt über Daten, Know-How und kann auch als Multiplikator gegenüber Mieterinnen und Mietern auftreten. Diese Eigenschaften sollten sich Kommunen zu nutzen machen. Zur Erhaltung günstiger Mieten ist die Wohnungswirtschaft dabei auch selbst auf die enge Abstimmung mit der Verwaltung angewiesen, um in den kommenden Jahren effizient planen und modernisieren zu können.

Die Zeit für ein abgestimmtes Vorgehen und mehr Zusammenarbeit ist also gekommen. Die Vorteile einer Kooperation zwischen Wohnungswirtschaft und Kommunen liegen dabei auf der Hand – dort wo solch eine Zusammenarbeit funktioniert, trägt sie reichlich Früchte, wie die zwei nachfolgenden Praxisbeispiele bayerischer Wohnungsunternehmen, der Stadtbau GmbH Bamberg und der Münchner Wohnen GmbH, deutlich zeigen.

Autor:
Hans Maier
Verbandsdirektor
VdW Bayern

Bild: Stadtwerke Bamberg

Best Practice Bericht Münchner Wohnen GmbH
Best Practice Bericht Stadtbau GmbH Bamberg