Seit März 2022 befindet sich die Gefahrstoffverordnung, die unter anderem maßgeblich für den Umgang mit Asbest ist, im Novellierungsprozess. Im Rahmen einer Verbändeanhörung hat der GdW am 11.05.2022 eine ausführliche und sehr kritische Stellungnahme zu dem ersten Referentenentwurf abgegeben. Hauptkritikpunkt war ein in dem neuen § 5 a vorgesehener Asbest-Generalverdacht, dem alle vor dem 31.10.1993 gebauten Objekte zukünftig unterliegen sollten. Dieser wäre durch eine technische oder historische Erkundung von dem Veranlasser, der Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen plant, vor Beginn der Tätigkeiten zu widerlegen gewesen.

Der GdW hat sich in diversen Schreiben und Gesprächen insbesondere gegenüber dem federführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie auch im Bundeskanzleramt für eine praxisgerechte Anpassung der Gefahrstoffverordnung eingesetzt und auf die vielfältigen drohenden Folgewirkungen hingewiesen, würde der erste Referentenentwurf unverändert umgesetzt.

Der aktuelle Stand des Gesetzgebungsverfahrens, alle bisherigen Referentenentwürfe sowie die GdW-Stellungnahme können auf der Webseite des BMAS eingesehen werden: Link

Mit Bearbeitungsstand 18.06.2024 hat das BMAS auf dieser Webseite nun einen neuen Referentenentwurf veröffentlicht, worüber das BMWK am 01.07.2024 den GdW informierte. Bislang hat der GdW von den Ministerien noch keine aktuellen Informationen zum weiteren Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens erhalten.

Erste Wertung:
Die vorgenommenen Anpassungen im aktuellen Referentenentwurf sind, verglichen mit dem ersten Referentenentwurf, durchweg positiv für die Wohnungswirtschaft, was ein großer Erfolg der intensiven Interessenvertretung des GdW ist.

Folgende Änderungen wurden gegenüber dem vorherigen Entwurf umgesetzt:

Änderung in § 5 a (Besondere Mitwirkungs- und Informationspflichten für Veranlasser […]):

  • Der vormals in § 5 a vorgesehene Asbest-Generalverdacht wurde wieder gestrichen.
  • Es besteht keine Erkundungspflicht mehr für Veranlasser von Tätigkeiten an baulichen
  • oder technischen Anlagen (Veranlasser = “Auftraggeber, Bauherr” gemäß Begründung zur
    GefStoffV).
  • Es besteht jedoch eine Informationspflicht: Der Veranlasser muss “vor Beginn der Tätigkeiten dem ausführenden Unternehmen alle ihm vorliegenden Informationen zur Bau- oder Nutzungsgeschichte über vorhandene oder vermutete Gefahrstoffe schriftlich oder elektronisch zur Verfügung” stellen. “Der Veranlasser hat sich zur Informationsbeschaffung in zumutbarem Aufwand der ihm zugänglichen Unterlagen zu bedienen” (zum Beispiel auch
    Einholung von Unterlagen vom Bauamt).
  • Die Regelungen gelten auch weiterhin für private Haushalte.
  • Der Arbeitgeber muss die oben genannten Informationen des Veranlassers in seine Gefährdungsbeurteilung einbeziehen. Reichen diese Informationen “nicht aus, so hat der Arbeitgeber als besondere Leistung zu prüfen, ob Gefahrstoffe […] freigesetzt werden […] können.”

Änderung in § 11 (Verwendungs- und Tätigkeitsbeschränkungen für Asbest):

  • Bei den zugelassenen Instandhaltungsarbeiten wurden explizit “Maßnahmen zur energetischen Sanierung” ergänzt.
  • Beim Überdeckungsverbot wurden “Fugenmassen” gestrichen.

Änderung in § 11 a (Anforderungen an Tätigkeiten mit Asbest):

  • In der Regel wird Asbest in Gebäuden mit Baujahr nach 31.10.1993 ausgeschlossen: Bei diesen “kann in der Regel vermutet werden, dass kein Asbest vorhanden ist.”

Ob diese Änderungen im weiteren Verlauf unverändert vom Bundeskabinett beschlossen werden und schließlich Eingang in die neue Gefahrstoffverordnung finden, ist noch offen.

Über den weiteren Verlauf werden wir Sie informieren.